Sonntag, 1. Mai 2022

Ponita & Wolfiana: Kapitel 1 - Ponita und Wolfiana

Kapitel 1

Ponita und Wolfiana

 

Eines Abends saß die kleine nette Ponita auf ihrem Sessel und spielte friedlich mit ihren Murmeln.

Wolfiana lehnte sich mit ein paar von ihren merkwürdigen Freunden an einen Baum, quatschte laut und wartete immer noch auf ihre Eltern, die sie immer viel zu spät abholten - nur weil sie "riesigen Stress" hatten...

Es war schon fast sechs Uhr und die Abholzeit war längst vorbei. Dann gingen die fiesen Freunde genervt und allein nach Hause. Das passierte manchmal zur Abendessenszeit.
Wolfiana verabschiedete sich grimmig von Bärwan, Elchja und Tigrina und stapfte alleine den weiten Weg nach Hause entlang. Es war kalt und windig. Hellgraue Wolken verdunkelten den Himmel. Das miese Wetter erinnerte Wolfiana unwillkürlich an ihre Heimat. Sie verspürte so etwas wie Heimweh und trat gereizt gegen einen Ziegelstein, der im Weg lag. Bald würde sie abhauen und dorthin gehen, wo sie hingehörte. Und sie würde... jemanden mitnehmen. Ob die Person das nun wollte oder nicht.
Es würden nicht ihre Eltern sein und auch nicht Bärwan, Elchja oder Tigrina. Vielleicht... Ponita! Ponnita Nowak. Sie war ein gutes Opfer. Wolfiana spürte die Lust, Ponita gegen ihren Willen mit in ihre, Wolfianas, kalte Heimat zu nehmen. Sie hatte schon immer ein Hassgefühl gegen Ponita empfunden. Sie wusste nicht, warum. Sie hatte Ponita schon immer als eine Feindin angesehen, als eine Feindin, die es zu mobben gilt. Hatte es ihr ihr Vater Wolfimir so beigebracht? Wollte er, dass sie Ponita hasste? Er hatte sie schon so manches gelehrt. Er hatte auch ihren Instinkt für Hass und Freundschaft geprägt. Er hatte gesagt: "Du musst alle Mädchen hassen, die schöner sind als du, weil sie eine lange Mähne und einen Schweif haben oder die besser angezogen sind. Und die Kinder, die so ähnlich aussehen wie du, die sind deine Freunde. Merk dir das, Wolfiana Wolfimirowa! Und die, die du nicht verstehen kannst, weil sie ganz anders sind und sich anders benehmen, die musst du auch hassen. Nur die, die die gleichen Manieren wie du haben, sind echte Freunde." Wolfiana konnte Ponitas Manieren tatsächlich nicht verstehen. Und Ponita hatte eine Mähne und einen Schweif. Sie war ein Pferd. Sie war die Tochter von Pferzena und
Ponysław. Wolfimir hatte ihren Vater Ponysław auch schon immer gehasst. Wahrscheinlich kannte er ihn von früher und mochte ihn nicht.

 

 ****

Ponita aß mit ihren Eltern genüsslich Pieroggen, also kleine polnische Teigtaschen mit Quarkfüllung und Erdbeersoße.

Wolfiana dagegen riss sich ein halbes Brot aus dem Schrank und war ganz allein - denn ihre Eltern arbeiteten beide in einem sehr anstrengenden Amt und machten erst ab zehn Uhr Feierabend. Als Wolfiana Leitungswasser aus dem Wasserhahn trank, schlürfte sie dabei. Sie wusste nicht, was Manieren waren. Sie benahm sich komisch - im Gegensatz zu Ponita. Ponita aß fein und immer pünktlich. 

Nachts war Wolfiana noch lange unglücklich und wach. Sie saß auf dem Bettrand und wartete auf ihre Eltern. Schlechte Erziehung! Wolfiana konnte ja eingentlich nichts dafür, dass sie so war. Wolfimir und Wolfatiana waren dafür verantwortlich. Aber sie kümmerten sich nie um sie und ließen sie allein, wenn sie nicht allein sein wollte. So wuchs in ihr ein immer stärkeres Gefühl heran: Bösartigkeit. Sie wollte nicht denken, dass ihre Eltern komisch waren und sie immer vernachlässigten. Das wäre ein harter Gedanke. Lieber stellte sie sich vor, selber bösartig zu sein. Und so wurde sie auch zu einem bösen Wolf.
Währenddessen schlummerte Ponita schon tief und fest. Als Wolfianas verspätete Eltern gestresst und durchgeschwitzt zurück kamen war es acht Minuten nach zehn. Sie schlief erst ab ein Uhr nachts ein. 

Als der Morgen dämmerte, war Wolfiana noch sehr müde und verschlief. Das passierte oft. Ponita hatte ihr vernünftiges Frühstück schon gegessen, putzte sich gründlich die Zähne, ging in ihr Zimmer und spielte friedlich.

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